Hier finden Sie meinen Artikel veröffentlicht im Magazin “SENATE – Magazin für eine weltweite, ökosoziale Marktwirtschaft”, Ausgabe 1/2020

Von Sustainibility zu Thrive-Ability – zu Sinn, Freude und Erfüllung

Eine Einladung zur Nachdenklichkeit

Seit vielen Tagen beschäftigt mich das Schreiben dieses Artikels. Ich bekam die Einladung, zum „Wiederaufbau“ Mut zu machen.

Das kann ich nicht, verzeihen Sie bitte.

Bei dem Wort „Zum Wiederaufbau Antreten“ erschienen in mir sofort die Bilder des zerbombten Wien, die Menschen, die Stadt in Trümmern.

Auch das Wort „Come- Back“ stimmt nicht, als es in mir die Vision einer alternden Diva, eines alten Schauspielers, die noch einmal auftreten, um noch einmal umjubelt zu werden, noch etwas Geld zu verdienen, aufkommen ließ. Und etwas an den Zuschauern kommt, um dem traurigen Schauspiel zuzuschauen – eine Art „Voyeurismus der letzten Tage“.

Das kann nicht der Sinn unserer heutigen und zukünftigen Arbeit, einer lebendigen Wirtschaft sein.

Nein – ich möchte Mut machen zur Umgestaltung – zur Erneuerung.

Mut heißt im Französischen „Courage“ – ich übersetze es mit „Aus dem Herzen (coeur) heraus handeln“. Und wir haben das in den letzten Wochen getan. Wir haben zum Teil aus Angst heraus gehandelt, zum Teil aber auch aus dem Herzen heraus, als wir die alten, verletzlichen und zarten Menschen nicht einfach sterben lassen wollten. Es waren Tage der Verzweiflung, aber auch Tage der Solidarität, der Gemeinschaftlichkeit.

Nichts aus dem Bildern in den Medien war mir so eindrücklich wie die ÄrztInnen mit ihren Masken, die leidenden Menschen, die „um ihr Leben geatmet haben“. Nichts so berührend wie die gemeinsamen Gesänge und das gemeinsame Klatschen der Menschen – als Dank und Mut – Macherei. Nichts so traurig wie die Flucht der indischen oder afrikanischen Mitmenschen aus ihren Notunterkünften in den Mega-Cities, wo sie als moderne Sklaven gebraucht, genauso auch wieder weggeworfen werden.

Und nichts so ermunternd, freudig wie die klaren Gewässer, die klaren Himmel – Venedig in Blau, die Berge so nah –  Delphine, Füchse, Vögel, die sich das Meer, Autobahnen, leere Straßen – unsere „toten Lebensräume“ erobert haben.

Was haben wir erfahren – gelernt?
Völliger Wandel ist jetzt – wirklich jetzt möglich!

Unglaublich war für mich, wie undenkbar scheinende Entscheidungen getroffen wurden wie:

.Keine Flüge, weil für die Menschen gefährlich

.So gut wie keine Autofahrten – zum Schutze Aller (Hunderttausende sterben an den Folgen der Feinstaub – Pollution und der Unfälle)

.Umstrukturierung der Betriebe – statt Kleidung oder Rasenmäher oder Autos werden Ventilatoren und Masken produziert

.PolitikerInnen, die unabhängig von Partei-Zugehörigkeit das Jetzt Hilfreiche entscheiden – gemeinschaftlich auftreten

.Social Distancing – das oft eigentlich soziale Annäherung bedeutete, ein warmer Blick….

.Eindrücklich – die Menschen, die sonst nie beachtet, gesehen werden wie Müllmänner, Kassier:innen, Menschen, die Elektrizität-Wasserverteilung aufrecht erhalten…das Salz der Erde.

Altes Verhalten – Wer hat Schuld? Ein kleiner Rückfall

Nun – nachdem „die Krise“ halbwegs vorbei zu sein scheint, die Geschäfte öffnen, die Autos fahren…beginnen sich Verschwörungstheorien, Schuldsuche, Anklage wie eine weitere Pandemie auszubreiten:
„Die Chinesen sind Schuld, Ausbruch des Virus aus einem Labor –  Kriegsführung…“
oder „Die Reichen wollen nur noch reicher werden – kaufen jetzt Alles auf…“
oder „Unterminierung der Demokratie- Alles schon längst vorbereitet…“

Manche wünschten sich, alle alten und schwachen Menschen, die Flüchtlings-Menschen in den Lagern, die armen Menschen in Indien wären gestorben… „Wir sind ohnehin zu viele…“Al Gore

(Meine Anmerkung: Wirklich? Die Masse der Ameisen dieser Welt beträgt so viel wie die mögliche Masse von 30 Milliarden Menschen!)

Und der allgemeine Aufruf: „Back to Normal!“ – das „System rebooten“… weiter funktionieren.

Was immer wir denken mögen –  was bleibt nach der Corona Krise wirksam – was ist die Kern-Botschaft?

Vulnerability ist die Fähigkeit, auf die Wunde hinzuschauen – sie kann nur so geheilt werden.

Es ist eindeutig, daß wir verwundbar sind – Alles scheinbar Sichere, Vertraute wie ein Kartenhaus zusammenbrechen kann!

Wirk-lich ist, daß die Hintergründe der zunehmenden Zoonosen (gemäß Wissenschaftsteams aus der Schweiz, Deutschland…) folgende sind:

.Die Zerstörung der Regenwälder für unseren Konsum – Palmöl, Artischoken, Ananas,…

.Die Reduktion der Artenvielfalt der Tiere

.Die zunehmende Verseuchung der überlebenden Arten (Feldermäuse, Schuppentiere…), daher auch die Tendenz zu Virus-Mutationen

.Das Näherrücken von uns Menschen durch Mega-Cities, Siedlungen im Dschungel…

.Das Essen von Wildtieren (aus Armut, weil Fischgründe verloren gegangen sind… oder Darstellung besonderen Reichtums –  aus einem „Thrill“ heraus, etwas Neues, Besonderes…

Warum also sollte die Coronavirus-Pandemie nicht wiederkehren? Warum nicht neue Zoonosen auftreten? Warum nicht die nächste Welle im Herbst-Winter?

Und was haben wir ÖsterreicherInnen denn damit zu tun?

Wir sind eines der reichsten Länder der Welt und haben bereits am 8. April den „Earth Overshoot Day“ erreicht – was heißt, wir haben bereits am 8. April die uns gemäß unserer Anteiligkeit an der Welt zustehenden Ressourcen verbraucht.

Was ist die eigentliche Krise hinter der Corona-Krise?

Die Umwelt-Krise ist die Folge einer Innenwelt-Krise des Menschen.

Das alte Paradigma des „Mehr (Quantität des Konsumismus), Schneller (als „die Anderen“), Weiter (als bisher) hält nicht, was es versprochen hat.

Auch Anhäufung von Anerkennung, Geld, Macht und Erfolg scheinen nicht zu erfüllen.
Das Glücksgefühl der Menschen ist seit etwa den 80er-Jahren nicht mehr gestiegen – ja, es ist gesunken und seelische Erkrankungen, Körpererkrankungen, Drogen- und Tabletten-Sucht, Depressionen…nehmen in großem Umfang zu. Die Umwelt wird konsequent zerstört.

Permanenter Stress lässt unsere Körperabwehr-Systeme zusammenbrechen. Die „Selbst-Optimierung“ ist eine „Ich-Optimierung“, wir gehen am dauernden Vergleich zugrunde, hassen uns oder jubeln uns egomanisch hoch, je nach „Likes“ oder „Dislikes“.

Reichtum – irgendwie nicht greifbar –  wird superreich – Arme superarm – die Welt ein Superlativ im Überfluß und im Schlimmen – Gespaltenheit und Abspaltung, an den Flüchtlings-Mit-Menschen schmerzhaft sichtbar.

Was also suchen wir – schon seit langer Zeit –  eigen-tlich? Wie sehen Lösungen aus?

Unsere alte Form der Wirtschaft war und ist zum Teil noch sehr hilfreich, Überleben zu sichern.

Und – sie hat ihre Grenzen erreicht, kann das lebendige, freudige Leben nicht sichern, wie wir an uns Menschen, der Umwelt sehen. Ja, sie kann selbst das Überleben nicht mehr sichern – gefährdet es.

Umweltkatastrophen – Trockenheit und Überflutungen, Brände, Wirbelstürme… nehmen stetig zu. Und wenn die Natur stirbt, sterben wir – denn wir sind Natur.

Wir brauchen neues Wachstum, das sich aus einem inneren Wachstum, aus wahrer Mensch-Werdung, aus Reifung, Erkenntnis und Mitgefühl heraus organisiert.

Wir brauchen kein Paradigma, von Außen auferlegt, nach dem wir uns halten.
Wir brauchen ein Intradigma, etwas, was sich aus dem Inneren entwickelt – einen evolutionären Prozess.

Dazu brauchen wir Präsenz – Innehalten, Forschen, Erkennen – Jetzt.

Presence – Insight – Consciousness – Dialogue –  Inter-Intelligence  for Integral Solutions:

Ich zitiere Wissenschaftler wie Daniel Kahnemann, Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften und Otto Scharmer vom Presencing Institute und MIT, die

Cradle to Cradle-Bewegung, initiiert von Michael Braungart, Tanja Singer,  Mitgefühlsforschung am Max-Planck-Institut für Hirnforschung, David Bohm, den Begründer des Dialogs u.v.a….

“Präsenz macht möglich, über die alten Muster, ob Sprach-, Denk-oder Verhaltensmuster nachzudenken und Sinnloses, Verbrauchtes – inzwischen Unwahres loszulassen.

Sie ist der fruchtbare Boden für wachsende Bewusstheit, muss – ja darf geübt werden, um von gestressten Re-Aktionen zu überlegten, reifen Aktionen zu gelangen.

Es entstehen so wachsende Einsicht und die Offenheit, die Meinung der Mit-Menschen und die eigene Meinung im Dialog zu bündeln, ein Verzicht auf das „Ego“ im Hinblick auf das Wohl Aller.

Dadurch entstehen inter-intelligente Lösungen, die integral, „inclusive“ sind. Sie machen für uns Alle Sinn, führen daher zu Freude am Tun und zu Erfüllung durch das Getane.

Es reicht nicht mehr, unsere Umweltbelastungen ein wenig zu reduzieren und unsere kleinen Reduktionen des CO2-Abdrucks zu bejubeln – obwohl auch der kleinste Erfolg zählt.

„Es ist Zeit, einen feuchten Fußabdruck zu entwickeln, in dem Alles grünt und blüht und gedeiht.“ (ungefähr zitiert – Michael Braungart)

Das Unglaubliche und Wunder-volle ist: Wir haben das Wissen, oft sogar schon die Erfindungen in den Schubladen, hatten oft nur nicht den Mut, sie zu leben, begrünte Fassaden, Wasserstoffbetriebene Fahrzeuge, Anbau in Kreislaufwirtschaft, …

Das Argument „Was ist, wenn wir dann die Arbeitsplätze verlieren (Erdöl, Autos, Flugzeuge…)“ schien uns bisher überzeugend.

Und was ist, wenn wir durch die Heilung unserer Selbst und der Umwelt viel mehr Arbeitsplätze gewinnen werden?

Lassen Sie uns das kommende Wissen und das schon längst Gefundene jetzt anwenden!

Es ist Zeit, die Umwelt und uns Alle blühen zu lassen – lebendig werden zu lassen.
Courage!

Vertrauen ist die stillste Form des Mutes.

Danke für Ihr Inter-Esse.
Eva Gold

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